Ärzte in Deutschland verschreiben im großen Stil Magensäureblocker. Medizinisch sei die Rezeptflut nicht zu rechtfertigen, sagt ein Experte im SPIEGEL – und warnt vor den Folgen einer langfristigen Einnahme.
Die Medikamente hemmen die Magensäureausschüttung fast vollständig und sind dadurch sehr gut wirksam gegen Magengeschwüre und Sodbrennen. Bei langfristiger Einnahme jedoch drohen gefährliche Nebenwirkungen wie Knochenbrüche durch Osteoporose oder ein schwerer Magnesiummangel, der zu Herzrhythmusstörungen und Krampfanfällen führen kann. (Lesen Sie hier die ganze Geschichte im neuen SPIEGEL.)
2015, so die Barmer, seien die Medikamente, sogenannte Protonenpumpenhemmer, allein in Deutschland rund 13,4 Millionen Menschen verschrieben worden – jedem sechsten Einwohner.
Es sind nicht nur Ältere , die die Mittel bekommen: In einigen Bundesländern erhielt jede zehnte Frau zwischen 20 und 29 Jahren ein Säureblocker-Rezept. So hat sich zwischen 2006 und 2015 die Zahl der verordneten Tagesdosen mehr als verdreifacht. Dazu muss man noch die Protonenpumpenhemmer rechnen, die von Patienten ohne Verordnung direkt in der Apotheke gekauft werden.
Oft ohne triftigen Grund verabreicht
Die Rezeptflut lasse sich medizinisch nicht mehr rechtfertigen, so Barmer-Chef Christoph Straub im SPIEGEL, sie sei „weder durch steigende Erkrankungsraten noch durch demografische Faktoren zu erklären“.
Eine Auswertung der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns ergab, dass von den rund 500 Millionen Tagesdosen Säureblockern, die in Bayern jedes Jahr verordnet werden, etwa 70 Prozent bei Beschwerden verschrieben werden, für die sie gar nicht zugelassen sind, etwa bei Völlegefühl oder Aufstoßen. Auch in Kliniken werden die Mittel häufig ohne triftigen Grund verabreicht.
Protonenpumpenhemmer können nach längerer Einnahme nur sehr schwer wieder abgesetzt werden. Dauerschlucker kommen, je nach Studie, nur in 14 bis 64 Prozent der Fälle wieder davon los.